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Zweite Förderrunde »Rebuilding Ukraine – resilient and sustainable« startet

Die Fraunhofer-Zukunftsstiftung unterstützt die Ukraine beim Wiederaufbau ihres Landes durch Forschungskooperationen. Im Jahr 2025 fördert die Stiftung fünf Projekte, in denen Forschungsteams zusammen mit Unternehmen und Organisationen aus Deutschland und der Ukraine technologische Lösungen für den Einsatz in der Ukraine entwickeln. Die Stiftung setzt damit ihr Engagement aus dem Jahr 2024 fort.

Rund 1,6 Millionen Euro stellt die Fraunhofer-Zukunftsstiftung in der zweiten Runde des Programms »Rebuilding Ukraine – resilient and sustainable« Forschungsprojekten der Fraunhofer-Gesellschaft zur Verfügung. In diesem Jahr liegt der thematische Schwerpunkt neben der medizinischen Versorgung verletzter Personen auf Maßnahmen zur Stabilisierung der Energieversorgung der Ukraine. »Mit dem Programm wollen wir zivile Infrastrukturen in der Ukraine stärken und deren Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen Herausforderungen erhöhen«, erläutert Prof. Dieter Prätzel-Wolters, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Fraunhofer-Zukunftsstiftung und zuständig für den Bereich »Projektförderung«.

Bei der Projektauswahl war relevant, ob die Forschungsteams bereits ukrainische und deutsche Projektpartner gewonnen haben. Ein weiteres Kriterium war der Reifegrad der Technologie: Wie weit ist die Entwicklung fortgeschritten, um zeitnah Wirkung entfalten zu können? Die Fraunhofer-interne Projekt-Jury wurde wieder um Ukraine-Expertinnen und -Experten erweitert. Wir danken Dr. Bohdan Androshchuk (Ukrainian Social Venture Fund), Dr. Natalia Hryshchenko (Deutsch-Ukrainische Industrie- und Handelskammer), Marius Jedlitschka (Plattform Wiederaufbau Ukraine, GIZ GmbH), Jan Strecker (WE AID gGmbH) und Dr. Martin Vogelsang (Bundesinitiative Impact Investing) für ihre Unterstützung bei der Auswahl der Projekte.

Wie bereits im Vorjahr war das Interesse der Forscher und Forscherinnen der Fraunhofer-Gesellschaft an der Ausschreibung der Fraunhofer-Zukunftsstiftung groß. Insgesamt bewarben sich 30 Teams mit ihren Projektideen. Programm-Manager Andreas Dockhorn unterstreicht den Anspruch an die Forschenden: »Nur wenn die technologischen Lösungen der Fraunhofer-Institute die Probleme der Menschen vor Ort in den Blick nehmen, können wir mit Forschung und Innovation nachhaltig die Lebensqualität in diesem zerstörten Land verbessern und zur Wiederherstellung der sozialen und wirtschaftlichen Stabilität der Ukraine beitragen«.

Übersicht über die geförderten Projekte

KRIPS UA 

Notstrom-Versorgung Kritischer Infrastrukturen über Photovoltaik

Das Projektteam forscht an einer Notstromversorgung für kritische Infrastrukturen. Zu diesen zählen beispielsweise die Energie- und Wasserversorgung, der Verkehr oder medizinische Einrichtungen. Die Forschenden entwickeln netzbildende Stromrichter, die bei einer Beschädigung von Kraftwerken oder Leitungen das restliche Stromnetz aufrechterhalten. Als kleine Schaltzentralen sorgen die netzbildenden Stromrichter dafür, dass Strom aus zusätzlichen Quellen, wie Photovoltaikanlagen oder Batterien, ins Hauptstromnetz eingespeist wird und Spannung sowie Frequenz konstant bleiben. Das Projektteam setzt dabei auf Microgrids. Das sind kleine autonome Energienetze, die lokale Energiequellen verbinden und unabhängig oder als Verbund betrieben werden können. Alle Systemkomponenten können auf einen Fahrzeuganhänger montiert werden und sind so flexibel transportierbar. Mit netzbildenden Stromrichtern müsste im Krisenfall weniger auf Diesel-, Benzin oder Erdgasgeneratoren zurückgegriffen werden. Langfristig könnte die Technologie erneuerbare Energien in das Hauptstromnetz integrieren und zu einer klimafreundlichen Energieversorgung in der Ukraine beitragen.

Gefördertes Institut: Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE, Kassel

© Fraunhofer IWU
Autark und einfach konstruiert: Planungsskizze von Hy-Grid zur Stromerzeugung in einem Container

Hy-Grid 

Unabhängige Energieversorgung auf Wasserstoffbasis

Das Projektteam entwickelt eine neuartige robuste und kostengünstige Technologie für den Aufbau lokaler unabhängiger Energienetze (Microgrids), die mithilfe von Wasserstoff betrieben werden. Erneuerbare Energien wie Sonne oder Wind werden genutzt, um in einem kompakten Microgrid Wasserstoff zu erzeugen. Somit können erneuerbare Energie gespeichert und bei Bedarf wieder in Strom umwandelt werden. Das ermöglicht eine saisonale Verschiebung von Erzeugung und Nutzung der erneuerbaren Energien und ein Anlegen eines Energievorrats z. B. für Wintermonate. Das System ist flexibel einsetzbar. Je nachdem, wie viel Energie benötigt wird, können die Microgrids eine Leistung von wenigen bis hin zu mehreren hundert Kilowatt erzeugen. Damit sollen insbesondere abgelegene ländliche Gebiete versorgt werden, die kaum Zugang zur zentralen Versorgung haben. Die Technologie eignet sich sowohl zur Überbrückung der kurzzeitigen Instabilität des Stromnetzes im Krisenfall als auch zum Aufbau einer resilienten und umweltfreundlichen Energieversorgung in der Ukraine.

Gefördertes Institut: Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, Chemnitz

Kooperationspartner: H2U - HYDROGEN UKRAINE

© Fraunhofer IIS
Portabel und sofort einsatzbereit: Der telemedizinische Koffer »Ukrainian Remote-Emergency Support Case« (URESC) zur Unterstützung von Ersthelfenden im Katastrophenfall

URESC24

Notfallkoffer für den digitalen Rettungseinsatz

Forschende entwerfen einen Rettungskoffer, mit dem Laien-Ersthelfer und -Ersthelferinnen telemedizinische Unterstützung bei der Versorgung von Verwundeten erhalten. Im Koffer befinden sich Sensoren, die die Vitaldaten (z. B. Blutdruck, EKG, Sauerstoffsättigung und Temperatur) verletzter Personen aufnehmen. Diese Informationen werden umgehend an medizinische Zentren, wie Krankenhäuser oder Arztpraxen, übermittelt. Über ein Tablet können Fachkräfte telemedizinisch zugeschaltet werden und Laien-Ersthelfer und -Ersthelferinnen bei der Behandlung unterstützen, bis weitere Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Die Übermittlung der Vitaldaten und die Verbindung mit dem Tablet kann per Mobilfunk, WLAN oder Satellit erfolgen. Die Technologie eignet sich besonders für Gebiete, in denen Straßen und Wege zerstört sind und Rettungskräfte im Notfall nicht sofort verfügbar sind. Perspektivisch könnte ein Netzwerk an Telemedizin-Zentren entstehen, das lebensrettende Maßnahmen ermöglicht, auch wenn in unterversorgten Gebieten medizinisches Personal fehlt.

Gefördertes Institut: Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Erlangen

Kooperationspartner: Quint Healthcare, Swiss Foundation for Innovation (SFI)

© Fraunhofer IFAM
Sicher und mit Antibiotika angereichert: Oberfläche eines Implantats, das mit MicroArc-Oxidation (MAO) verändert wurde.

MAOmed

Innovative Knochenimplantate zur Minderung von Infektionen bei Verletzungen

Forschende entwickeln neue Oberflächen für Knochenimplantate, die Komplikationen durch Infektionen reduzieren können. Die erhöhte Anzahl der Verletzungen und Verwundungen in der Ukraine erfordert vermehrte Maßnahmen zur Behandlung von Knochenverletzungen mit Implantaten. Durch Kontamination von Wunden können Infektionen entstehen und Komplikationen wie Amputationen mit sich bringen. Dies betrifft nicht nur Soldatinnen und Soldaten, sondern auch Zivilisten und Zivilistinnen. Mit der neuen Technik werden Oberflächen von Titan-Implantaten behandelt, basierend auf der sogenannten MicroArc-Oxidation (MAO). Dese kann relativ einfach mit »Becherglas und Netzteil« durchgeführt werden. Auf den Implantaten wird eine porige Oxidschicht gebildet, die mit Antibiotika beladen werden kann. Das Fraunhofer-Team geht hiermit auf die Bedarfe der Klinik »UNBROKEN National Rehabilitation Center« in Lviv ein und stellt die entwickelte Technologie zur Verfügung. Die Klinik strebt an, Implantate herzustellen und diese mit der Technologie sicherer zu machen. Die klinischen Ergebnisse sollen dann die Zulassung z. B. in der EU befördern.

Gefördertes Institut: Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung IFAM, Bremen

Kooperationspartner: UNBROKEN National Rehabilitation Center, Lviv (Ukraine)

© Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD
Hochwertig und mehr Lebensqualität: 3D-gedruckte Prothese im Auge eines Patienten (rechtes Auge, hier links im Bild) mit der Technologie von UkraineEye

UkraineEye

Halbautomatisierte Herstellung von 3D-gedruckten Augenprothesen

Forschende entwickeln 3D-gedruckte Augenprothesen für Verwundete in der Ukraine. Das Besondere an der neuen Technik ist der halbautomatisierte, digitale Prozess unter Verwendung von Multimaterial-3D-Druck, mit dem hochwertige Prothesen schnell und kostengünstig hergestellt werden können. Im ersten Schritt wird die vom Ocularisten manuell erstellte Prothesenform mit einem 3D-Scaner digitalisiert und automatisch annotiert. Mit einem speziell entwickelten Kamerasystem wird ein farbkalibriertes Bild des gesunden Auges aufgenommen. Eine datengetriebene Designsoftware erstellt aus diesen Daten automatisch ein digitales Modell einer Augenprothese. Mittels Multimaterial-3D-Druck entsteht dann daraus eine qualitativ hochwertige und in Form und Farbe dem Patienten angepasste Prothese. UkraineEye soll eine kostengünstigere und effiziente Alternative zu bisherigen manuellen und automatisierten Prozessen sein. Denn traditionell werden Augenprothesen in aufwendiger Handarbeit hergestellt. Das automatische Bestimmen der Prothesenform wiederrum funktioniert bei einer komplexen Anatomie der Augenhöhle, wie sie bei Verwundeten vorkommt, nicht zuverlässig und erfordert darüber hinaus teure und sensible Geräte. 

Gefördertes Institut: Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, Darmstadt

Kooperationspartner: Mykolaiv Augenkrankenhaus, Royal Brisbane and Women’s Hospital RBWH, LIZARD Health Technology